Erwin Walther erlebte in seiner Jugend erste Erfolge als Komponist ebenso wie als Dirigent und erarbeitete nebenbei im Selbststudium alle ihm irgendwie zugänglichen, allerdings spärlichen Klavierwerke der Moderne. Durch seine Auseinandersetzung mit der Musik der Komponisten Strawinsky, Ravel, Debussy, Schönberg, Berg, Webern und Hindemith eckte er in jenen Jahren an. Er, der als Komponist nach den Begriffen der Zeit selbst ein Entarteter war, liebte insbesondere die Musik Mahlers und Schönbergs.
Seine Musiksprache zu charakterisieren, fiel ihm schwer. Zu verstehen ist das aus der unglaublichen Vielfalt seiner Arbeitsweise. Er ging als Komponist ebenso wie als Lehrer immer in voller Offenheit und Freiheit mit jeder Art von Musik um.
H. E. Erwin Walther war ein Avantgardist, obwohl er das Wort Avantgarde im Gespräch als ein an sich schlechtes Wort bezeichnete und bei dem Gedanken, es etwa auf seine Arbeit anzuwenden, mit abwehrender Skepsis reagierte. Er war ein Avantgardist, weil er nach dem Satz: „Irgendwie bin ich als Komponist ein bunter Vogel“ fortfuhr: „Viele von Ihnen kennen vielleicht ein paar Federn meines Kleids; die Farbskala reicht aber von der Spätromantik über impressionistische und expressionistische Exkursionen zu Zwölfton- und zu audiovisueller Musik, vom Kunstlied zum Chanson, zum Kabarett und zum Kinderlied, von Musiken zu Werkfilmen bis zum großen Fernsehfilm, von der bayerischen Folkloristik zur scheinbaren Chaotik. Aber was ich auch geschrieben habe: Ich habe immer Spaß daran gehabt.“
Weitere Informationen zum Werk auf www.erwin-walther.de
Zudem hat sich H.E. Erwin Walther schon früh damit befasst, seine Musik nicht nur klassisch zu notieren sondern diese auch in graphischer Form umzusetzen:
„Die graphische Notation … war und ist für mich eine Möglichkeit, musikalische oder andere akustische Verläufe augenfälliger zu notieren als in der herkömmlichen Notenschrift. Das setzt bei den Interpreten eine weitgespannte Auseinandersetzung mit der musikalischen Moderne, ferner die Gabe der Improvisation und die Gabe, graphische Verläufe in der Koordinate waagrecht-senkrecht, d.h. Tonhöhe-Zeit und in ihren Infrastrukturen in akustische Verläufe umzusetzen, voraus. Ein wesentlicher Teil der Praxis ist der Prozess des ‚Lesens‘, des Begreifens und dann das Einbringen eigener Vorstellungen im Rahmen der vorgegeben Graphik, die praktisch das ‚Spielfeld‘ darstellt, in dessen Grenzen das ‚Spiel‘ des oder der Interpreten verläuft. Der Interpret ist in großem Maße ‚Mitschöpfer‘.“
(H.E. Erwin Walther, ca. 1975)
Weitere Informationen zur graphischen Notation auf www.erwin-walther.de
Mit Notarvertrag vom 18.11.2024 wurde der gesamte künstlerische Nachlass des Komponisten in Form einer Schenkung dem Stadtarchiv der Stadt Amberg übergeben. Der Nachlass besteht aus musikalischen Kompositionen (handschriftliche Partituren) in klassischer und graphischer Notation (sog. Audiogramme), jeweils im Original und, für Teile des Schenkungsgegenstandes, aus Drucken und digitalisierten Versionen. Damit ist sichergestellt, dass das Gesamtwerk dauerhaft verwahrt und der Öffentlichkeit zugänglich ist.